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Madame Postière

  • Autorenbild: Arlette Pinggera
    Arlette Pinggera
  • 17. Sept.
  • 2 Min. Lesezeit

Es gibt sie in fast jedem französischen Dorf, die kleinen, unscheinbaren Postämter, die man beim ersten Vorbeigehen fast übersehen könnte, oder wie in meinem Fall, tatsächlich übersieht. Doch wer hier lebt, weiss, dass sie mehr sind als nur Orte für Briefmarken und Pakete. Sie sind Knotenpunkte des Dorflebens, Und manchmal, haben sie ihre ganz eigenen Heldinnen.

In unserem Dorf heisst diese Heldin Madame Postière.


Eine Schönheit sei sie nicht, sagt mein Mann, mit diesem typisch männlichen Blick für Äusserlichkeiten. Aber wer länger hier wohnt, weiss, dass ihr Herz genau da sitzt, wo es hingehört.

Meist trägt sie ihre gelbe Leuchtweste, wie wir sie von den gilets jaunes kennen. Ob sie je Teil der Bewegung war? Man weiss es nicht. Aber wenn sie durchs Dorf stapft, mit diesem festen Schritt, dann hat man das Gefühl, sie könnte.


Ihr Postamt ist klein, fast winzig, direkt vor dem Büro der Marie. Wer durch den Haupteingang tritt, entdeckt sofort dieses kleine Fenster, das hinausgeht in den Gang. Und wenn man Glück hat, dann sieht man dort die wohl herrlichste Szene unseres Dorfes, zwei Augen und eine Stirn, die sich knapp über die Fensterkante schieben. Ein kurzer Blick, prüfend, neugierig, fast wie in einem alten Zeichentrickfilm, den man als Kind verschlungen hat. Für mich ist es jedes Mal eine kleine Vorstellung, fast als hätte jemand im Hintergrund leise eine Melodie von Henri Salvador aufgelegt. Und dann, wenn man den Raum betritt, verwandelt sich dieser kurze Augenblich in eine warme Begegnung. Madame Postière ist hilfsbereit, geduldig und freundlich.

Sie nimmt sich Zeit, auch wenn es eigentlich gar keine Zeit gibt. Manchmal glaube ich, ist sie neugieriger, als sie sein möchte. Vielleicht liegt es daran, dass ihr kleines Postamt wie ein Scharnier zwischen allesn Geschichten des Dorfes funktioniert, hier ein Brief, dort ein Paket, dazu die leisen Worte der Menschen, die im engen Gang darauf warten bedient zu werden.

Manchmal frage ich mich, ob sie nicht längst mehr über uns alle weiss, als wir selbst. Und wenn es so wäre, wäre das nicht genau das, was eine gute Postière ausmacht?

So ist sie also da, jeden Tag, in ihrem kleinen Reich, in dem die Welt zusammenläuft, bevor sie wieder hinausgeht. Nicht glamourös, nicht aufsehenerregend, sondern auf ihre stille Art unentbehrlich. Die Seele unseres Dorfes.


À bientôt



ree

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