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La Rochelle, ein Schloss das mit Wärme empfängt

  • Autorenbild: Arlette Pinggera
    Arlette Pinggera
  • 13. Aug.
  • 4 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 1. Sept.

Es gibt Wege, die nicht nur von einem Ort zum anderen führen, sondern in eine andere Stimmung, in eine andere Zeit.

Der Weg nach La Rochelle, nicht das grosse, laute LA Rochelle an der Atlantikküste, sondern das stille, beinahe geheime La Rochelle in der Haute-Saône, ist einer davon.

Wer sich ihm von Süden nähert, wird verstehen, warum dieser Ort mich seit jeher verzaubert. Die Strasse windet sich in sanften Bögen durch ein schmales, grünes Tal. Hier gibt es, im besten Sinne, nichts.

Keine Tankstellen, keine Reklametafeln, kein hektisches Treiben. Stattdessen: Bäume, Sträucher, Wiesen in allen Schattierungen von Grün, wie aus einer einzigen, grosszügigen Farbpalette. Am Rand der Strasse begleitet ein knorriger, alter Holzzaun den Weg, als hätte er schon unzählige Reisende gesehen, die genau hier langsamer wurden, ohne zu wissen warum.

Man fährt nicht einfach auf La Rochelle zu, man wird sanft hineingeführt oder anders ausgedrückt, man findet es nicht einfach und vielleicht, muss man es sich verdienen.

Die Kurven öffnen und schliessen sich, das Tal hebt und senkt sich und dann, fast wie in einer Szene aus einem Film, tritt es ins Blickfeld, das Château von La Rochelle.

Kein Märchenschloss mit spitzen Türmchen, kein Palast, der Eindruck schinden will. Es ist ein Haus von jener Art, die durch ihre Wärme gewinnt, durch gelebte Geschichte, nicht durch Inszenierung.

Die Mauern sind hell, vielleicht ein wenig wettergegerbt, die Fensterläden im Sonnenlicht leicht verblichen. Es ist die Art von Schloss, das keine Distanz verlangt. Eher hat man das Gefühl, es würde sich freuen, dass man gekommen ist.

Wer Glück hat, und dieses Glück scheint hier gar nicht so selten, trifft auf den Schlossherrn. Vielleicht steht er gerade im Hof, vielleicht im Schatten eines der grossen Bäume, vielleicht hört er einfach das Geräusch der ankommenden Schritte oder Räder. Und dann geschieht etwas, das in unserer Welt fast verloren scheint, man wird eingeladen. Ohne Formailtäten, ohne Eintrittskarte, ohne Zeitfenster.

Eine Führung durch die Parterreräume. Gigantisch hohe Räume, Stuckaturen, riesige Kamine, vergoldete Spiegel, aber trotz des Prunkes ist alles voller Charakter. Nichts wirkt schwer. Nichts ist zuviel. Die Möbel tragen Spuren von Jahrzehnten. Die alten Fenster geben den Blick frei auf das Tal, durch das man eben gekommen ist. Und manchmal liegt dieser Geruch in der Luft, der sich nur dort findet wo Holz, Stein und Geschichte lange miteinander gelebt haben.

Es gibt Orte im Schloss die man fast übersehen könnte, wäre da nicht dieser besondere Zauber, zum Beispiel die alten Stallungen. Sie stehen still, als würden sie noch immer auf das Schnauben der Pferde warten, auf das Knarren der Kutschenräder. Das Licht fällt schräg durch die hohen Fenster, Staub tanzt in der Luft und man begreift plötzlich dass dieser Teil des Schlosses einmal voller Leben war. Hier war Arbeit, Bewegung, Alltägliches und doch liegt in diesen Räumen heute eine Ruhe, die fast ehrfürchtig macht.

Wer La Rochelle verlässt, fährt denselben Weg zurück, aber er fühlt sich nicht mehr gleich an. Vielleicht, weil man weiss, dass irgendwo hinter einer Biegung das Schloss steht, mit seinen warmen Mauern und den Geschichten, die es bewahrt. Vielleicht auch, weil man unterwegs gespürt hat, wie es ist, ganz in der Gegenwart zu sein, ohne Ablenkung, ohne Eile.

Das Tal selbst ist ein Teil des Erlebnisses. Es ist nicht nur Kulisse, sondern ein stiller Begleiter, der die Ankunft vorbereitet und den Abschied mildert. Das Grün scheint hier dichter, das Licht klarer. Man fährt langsamer, nicht weil man muss, sondern weil man will.



Für stille Entdecker unser Tipp:


  • Südliche Anfahrt wählen – wer das erste Erscheinen des Schlosses erleben will, sollte von Süden kommen. Der Weg ist Teil der Magie.

  • Zeit mitbringen – auch wenn der Besuch nur kurz sein soll, lohnt es sich, den Rest des Tages nicht zu verplanen.

  • Sich auf das Unerwartete einlassen – die Führung durch die Parterreräume geschieht spontan. Es ist eines dieser Geschenke, die man nicht einfordern kann, die aber unvergesslich bleiben.

  • Blick in die Stallungen – auch wenn sie von Aussen auf den ersten Blick unscheinbar wirken, erzählen sie vielleicht die schönsten Geschichten.

  • Picknick im Tal – am Rand der Strasse, gleich unterhalb des Schlosses, gibt es einen alten Sandsteinbrunnen. Ein einfaches Picknick am Brunnenrand, mit Blick auf die Hügel, ist hier pures Glück.




La Rochelle in der Haute-Saône ist kein Ort für Eile. Es ist ein Ort, an dem sich die Zeit ein wenig weitet, an dem der Weg selbst schon Teil des Ziels ist. Es ist ein Ort für Liebhaber von Häusern, die ihre Geschichte nicht verstecken, sondern mit Wärme teilen. Für Menschen, die sich gern von einer Landschaft umarmen lassen. Für alle, die im Rauschen der Bäume und im Knarren alter Holztore mehr Schönheit finden als in jedem Spektakel.

Ich lebe in dieser Region. Und vielleicht ist es genau diese Nähe, die mir erlaubt, Orte wie diesen nicht nur zu sehen, sondern zu spüren. Die Haute-Saône ist kein Museum, sie ist lebendig. Still, ja, aber lebendig. Und La Rochelle ist eines ihrer stillen Wunder. Komm, fahre durch dieses grüne Tal. Lass dich von den Kurven tragen, bis das Schloss vor dir steht. Vielleicht wartet der Schlossherr schon. Vielleicht öffnen sich Türen, die man gar nicht zu klopfen braucht. Und vielleicht, ja vielleicht wirst auch du spüren, dass hier etwas ist, das bleibt.


À bientôt



ree

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