Warteschlaufe 2.0
- Arlette Pinggera

- 3. Sept.
- 3 Min. Lesezeit
Wir hängen wieder in einer Warteschlaufe. Vielleicht kennt ihr dieses Gefühl, als würde man bereitstehen, schon fast am Ziel, und doch hält einen etwas zurück. Es zerrt an den Nerven, macht unruhig, müde und manchmal auch ein wenig gereizt. Leser die uns schon länger begleiten, werden sich erinnern, dass wir uns schon einmal in einer ähnlichen Zwischenzeit befanden.
Seit knapp fünfeinhalb Monaten wissen wir bereits, dass wir unser Haus verkaufen werden und eine alte Ferme hier in der Nachbarschaft kaufen. Nach Joos’ Unfall war es gar nicht so einfach, unser grosses Haus für den Verkauf vorzubereiten. Dank der vielen helfenden Hände, die mitangepackt haben, konnten wir Anfang Mai unser Inserat für den Hausverkauf online stellen.

Doch mehr als die Hälfte der Menschen, die kamen, um sich das Haus anzuschauen, hatten gar keine echte Kaufabsicht. Sie waren neugierig, interessiert, aber nicht an einem Kauf. Man kann das leider sehen, denn sie verhalten sich komplett anders. Sie schauen sich die Zimmer an, aber immer mit der Optik auf Einrichtung und Dekoration und sie kommunizieren kaum miteinander. Solche mit wirklichem Interesse erkennt man schon am Blick. Sie sind hoch konzentriert und fokussiert, sie machen sich gegenseitig auf wichtige Details aufmerksam, sie interessieren sich nicht wirklich für die Einrichtung, sondern für die wesentlichen Merkmale der Bausubstanz und sie stellen Fragen. Es ist wirklich verrückt, wie sehr uns dieser Umstand ermüdet und zermürbt hat, denn grundsätzlich hatten wir nie etwas dagegen, jemandem unser Haus zu zeigen. Und so entschlossen wir uns, an einen Makler zu übergeben. Zwei Besichtigungen später standen die Käufer fest. Und trotzdem warten wir noch immer. Auf Vorvertrag, Notar, Unterschriften. Wir packen Kisten, wir nehmen Abschied. Warteschlaufe eben.
Vielleicht ist das gerade etwas schwierig für uns, weil wir es schon einmal erlebt haben. Doch damals war es ungleich härter. Als wir noch in der Schweiz waren, im Engadin, mit der Wohnwerkstatt, kam der grosse Schock. Das Haus, in dem wir lebten und arbeiteten, sollte verkauft werden. Von einem Tag auf den anderen schien uns der Boden unter den Füssen weggezogen. Erst glaubten wir, das Ganze retten zu können, mit einem Kaufangebot, mit vielen Gesprächen, mit viel Hoffnung. Doch es kam anders. Steuerschätzungen, Erbfragen, immer neue Stolpersteine. Wir hatten schon investiert, gebaut, umgestaltet und mussten am Ende loslassen.

Es folgte die Suche nach einem neuen Plan, nach einem neuen Zuhause. Stundenlang klickte ich mich durchs Internet, wir machten Prioritätenlisten, wogen ab, verwarfen, träumten neu. Oft war das Haus von aussen ein Bijou, und innen warteten weisse Fliesen. Oder es war zu teuer. Oder zu klein. Oder einfach falsch. Wir haben gelernt, auf unser Bauchgefühl zu hören. Und irgendwann war da dieses eine Inserat, beinahe versehentlich geöffnet. Coup de cœur. Liebe auf den ersten Blick.
Und obwohl der Weg bis zur Unterschrift einer viermonatigen Odyssee glich, war für uns sofort klar, dieser Ort, diese Gegend, das ist unser Platz. Hier sind wir angekommen.
Warteschlaufen sind lästig. Doch manchmal sind sie das Tor zu etwas Neuem und sie schenken einem die Zeit, die man braucht, um zu verstehen, genau hierhin gehören wir.
À bientôt
Wenn du unsere ganze Reise nachverfolgen möchtest:




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