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Unsere erste Begegnung mit einer Sau

  • Autorenbild: Arlette Pinggera
    Arlette Pinggera
  • 20. Aug.
  • 2 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 1. Sept.

Der Herbst in der Haute-Saône bringt nicht nur goldenes Licht, den Geruch von feuchtem Waldboden und eine Farbenpracht in Form von Herbstlaub. Er bringt auch die Jagdsaison. Letzen Herbst stellte Joos, mein Mann, einem Jäger eine jener Fragen, die nur er stellen kann: "Ob man wohl eine Wildsau direkt bei den Jägern kaufen könne?"


Der Jäger seines Vertrauens, der überaus sympathische Danny aus La Rochère nickte und meinte: "Mais oui, bien sûr."

Preise? Noch unklar. Details? Nicht so wichtig. Hauptsache, die Idee war im Raum. Ich hatte von dieser ganzen Männerunterhaltung nichts mitbekommen.


Ein paar Tage später fuhr ein Auto vor unser Tor. Heraus stieg Danny. Gummistiefel, Kaki-Hose, eine Faserpelzjacke in Waldtönen, das perfekte Outfit zwischen Jagdrevier und Dorfstrasse, hier laufen sie alle so herum.

Er kam über unseren Hof geschlendert, grinste und nuschelte in breitem Französisch: "Le cochon est dans la voiture."

Ich sah ihn an. Mein Gesicht muss ein einziges Fragezeichen gewesen sein. "Quoi?", brachte ich hervor.

Danny wiederholte, diesmal deutlicher: "Le cochon est dans la voiture."

Ich verstand die Worte, aber nicht den Sinn. Warum sagt er mir das? Warum hat er ein Schwein im Auto?


Mein Gehirn ratterte: Sollte ich fragen "Und ... was macht es da?" oder "Warum erzählst du mir das?" Stattdessen starrte ich nur, fassungslos. Bis er schliesslich das fehlende Puzzlestück nachlegte: "Joos a dit." Ah! Klar. Mein Mann wieder. Pfff!


Nun stand ich also da, mit der Erkenntnis, dass "Le cochon" keine Metapher war. Da lag sie tatsächlich, eine Wildsau, komplett, als Ganzes. Frisch aus dem Wald. Bereit, in Empfang genommen zu werden.


Wo wir sie denn hinlegen sollen, fragte mich Danny und ganz ehrlich, mein Gesichtsausdruck in diesem Moment, als mir langsam aufging, was von mir erwartet wurde, hätte in Stein gemeisselt gehört.

Ich hätte absolut keine Ahnung gehabt, wo ich anfangen sollte, dieses Ding zu zerteilen. Wie zerlegt man so ein Tier?

Wie kommt man von einer ganzen Sau zu handlichen Teilen, die in eine Kühltruhe passen?


Und damit waren wir auch schon beim nächsten Problem angelangt. Wir besitzen gar keine Kühltruhe.

Nur ein kleines Gefrierfach im Kühlschrank, so winzig, dass darin kaum mehr als ein Paket Butter Platz findet.

In diesem Moment hätte ich meinen Mann am liebsten selbst verwurstet ... aber ihr erkennt das Problem!


Zum Glück erwies sich Danny nicht nur als Jäger, sondern auch als Gentleman und Retter in der Not. Mit einem Schulterzucken schlug er vor, er würde die Sau metzgen und in seiner Kühltruhe lagern. Als Entgelt gehöre ihm die Hälfte. Deal!


Seitdem liegt unser Teil der Sau, fein zerlegt, in Dannys Kühltruhe. Immer noch. Ob sie den Weg zu uns finden wird, ist dann eine andere Geschichte.


À bientôt


ree

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