Tapetendesign aus Frankreich oder von Mustern, die bleiben wollen
- Arlette Pinggera

- 1. Aug.
- 2 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 1. Sept.
Es gibt Räume, die flüstern, bevor man sie ganz betreten hat. Man bleibt stehen, lauscht und begreift erst später, es war die Wand, die sprach.
Was passiert, wenn wir einer Wand erlauben, zu sprechen? Sie beginnt, ein Raumgefühl zu formen. Sie berührt mit Stimmung. Eine Tapete kann ein Zimmer grösser, wärmer, leiser machen. Oder dramatischer, intimer, verträumter.
Muster können flüstern. Sie können dich morgens freundlich begrüssen oder abends sanft umarmen. In einem tapezirten Raum bleibt man anders. Man fühlt sich umgeben, nicht nur von Wänden, sondern von Atmosphäre.
Tapeten sind vielleicht das schönste Mittel, einem Raum eine Seele zu geben. Sie kleiden ihn nicht, sie verwandeln ihn in Erinnerungen, in Geschichten, in Träume. Es braucht Mut, ihnen Raum zu geben. Vielleicht weil wir vergessen haben, wie berührbar Oberflächen sein können.
Die meisten von uns sind vorsichtig mit ihr, dieser Fläche, die so viel zeigen kann. Wir malen sie weiss, neutral, damit sie nicht stört. Vielleicht ist es das Weiss der Wände, das uns still gemacht hat. Wir haben uns daran gewöhnt, Räume zurückzuhalten. Nichts soll zu viel sein, zu laut, zu persönlich. Doch wie sollen wir uns wohlfühlen in Zimmern, die schweigen?
Eine Tapete ist kein Zufall. Sie ist ein Bekenntnis, zum Geschmack, zur Stimmung, zur Erinnerung. Sie bringt das Individuelle zurück ins Sichtbare und feiert die Vielfalt der Empfindung.
Das Tapezieren ist keine Mode, es ist eine Geste. Eine liebevolle, bewusste Entscheidung für uns selbst.
Denn wer eine Wand gestaltet, gestaltet auch die Zeit darin.
Tapeten tragen etwas Vergangenes in sich und sind zugleich ein Aufbruch. Sie zitieren nicht nur frühere Zeiten, sie bringen ihre Poesie ins Jetzt. Eine zarte Linie erinnert an ein altes Briefpapier, ein Muster an das Kleid der Grossmutter, ein Farbton an eine Nachmittagsstunde im Süden Frankreichs.
Und doch ist jede Tapete, die man heute anbringt, eine neue Geschichte. Sie beginnt in dem Moment, in dem man die erste Bahn an die Wand bringt, von oben nach unten.
Unsere Tapeten entstehen aus dem Wunsch, Räume wieder erzählend zu machen. Jedes Motiv trägt Spuren von Idee, von Erinnerung. Sie heissen Le Salon de M. Gilbert, Les Fleurs de La Rochère, Le Temps des Poémes, La Chambre de Rosalie.
Sie sind inspiriert von alten Zeichnungen, vergessenen Pflanzenbüchern und der stillen Schönheit des Alltags.
Wir denken Tapeten nicht als Fläche, sondern als Stimmung. Als Papierhaut für Räume, die mehr wollen als Funktion, nämlich Atmosphäre, Tiefe, Poesie.
Es braucht nur einen einzigen Moment, eine Entscheidung, eine Farbe, ein Muster und ein Raum beginnt, anders zu atmen. Tapeten erinnern uns daran, dass Schönheit nicht laut sein muss. Dass sie oft dort beginnt, wo wir uns trauen, zu gestalten.
Mit Mustern, die erzählen, mit Wänden, die verwandeln und mit Räumen, die fühlen lassen, hier bin ich zu Hause.
À bientôt



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