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Une vie privilégiée

  • Autorenbild: Arlette Pinggera
    Arlette Pinggera
  • 10. Sept. 2024
  • 3 Min. Lesezeit

Wir führen ein privilegiertes Leben. So kommt es uns zumindest vor.


Wir arbeiten viel. Eigentlich arbeiten wir ständig. Dies ist mit dem grossen Haus, den Renovations Arbeiten und dem riesigen Garten gar nicht anders möglich.


Die letzten zwei Frühjahre hatten wir viel Regen und wir haben noch keine Ahnung, ob es auch anders sein kann. Nach den Wintermonaten sehnt man sich geradezu nach Sonne und nach Wärme und freut sich über jedes Blümchen, das zaghaft seinen Kopf aus dem Erdreich streckt und über jeden einzelnen Tag der etwas heller erscheint.

Mit jedem Tag in Richtung Frühling kehrt etwas mehr Leben in die Dörfer der Haute Saône zurück. Die Fensterläden werden wieder geöffnet, die Menschen sind wieder auf der Strasse oder in ihren Gärten.


Dass der Sommer zurück ist, merkt man hauptsächlich daran, dass alle damit beschäftigt sind, das Holz für den nächsten Winter zu schneiden und zu spalten. In den Gärten wird Gemüse angepflanzt und alle die ein grosses Grundstück besitzen sind auf ihren Rasenmäher Traktoren anzutreffen und sonntags auf den Vide Grenier. Dies scheint nicht nur unser Sonntagsvergnügen zu sein.


Und dann kommt der Herbst und damit die Jagd. Wir hüten uns, mit unseren Hunden im Wald zu sein, wenn eine solche Jagd ausbricht und sind, wenn es doch einmal passiert, sehr schnell weg. Es scheint so, als würden die Jäger mit ihren Hunden von Waldstück zu Waldstück ziehen, denn wir sehen sie selten zweimal im selben Gebiet und so haben wir die Wälder in unserer Ecke eigentlich immer für uns.


Wir haben im Winter keine 24 Grad im Haus und Kippfenster, um sie zu öffnen wenn es drinnen zu warm wird, haben wir auch nicht. Wir sitzen auch nicht im T-Shirt vor dem Fernseher. Zum einen weil das definitiv zu kalt wäre und zum anderen weil wir gar keinen Fernseher besitzen.

Wir tragen Wollpullover und an unseren Füssen Wollsocken. Wir machen Feuer im Kamin und im Ofen, kochen im Winter auf Feuer und essen zu Abend bei Kerzenlicht. Nicht weil wir keinen Strom haben, sondern weil es einfach schöner ist.

Wir schlafen in einem alten englischen Himmelbett und über unserer Bettdecke liegt eine sehr dicke Wolldecke.

Die Dörfer sind wie ausgestorben und die Häuser sehen genau so aus. Die Häuser sind aus Stein gebaut und nicht isoliert und so schliessen die Bewohner der Kälte wegen die Läden ihrer Häuser und leben über den Winter in einem oder zwei Zimmern, die sie beheizen und deren Läden offen bleiben. Nur die Hühner, die Kühe und die Pferde, die sind draussen.


Vielleicht fragt ihr euch nun weswegen wir uns privilegiert fühlen.


Weil wir im Frühjahr, nach dem ganzen nassen Grau, belohnt werden vom zauberhaften Anblick der blühenden Schlehe, weil unser Haus Dank der dicken Steinmauern im Sommer angenehm kühl ist, weil wir im Herbst ein Feuerwerk von Farben in den angrenzenden Wäldern erleben und weil wir im Winter in unserem Haus eine wunderbar gemütliche Atmosphäre haben.


Weil wir immer wieder hübsche Dörfer, verwunschene Herrenhäuser und schöne Gärten entdecken. Weil wir noch immer fasziniert sind von der hügeligen Landschaft. Weil wir ganz oft die Strassen für uns alleine haben und es lieben.


À propos. Vor kurzen waren wir, ungefähr fünfzig Minuten südlich von uns, zum Abendessen eingeladen, bei zwei grossartigen und mutigen jungen Menschen.

Der kürzeste Weg dahin führt ausschliesslich über die gemütlichen Strassen zwischen den Dörfern. Begegnet sind uns auf der Hin- und Rückfahrt keine fünf Autos.

Ihr erinnert euch, hügelige Landschaft, ab und zu Kühe oder Pferde auf einer Weide, Hühner in den Gärten der Dörfer, verwunschene Herrenhäuser hie und da, ein hübscher Bachlauf und immer wieder ein Waldstück...

wie soll man sich da bitteschön nicht privilegiert fühlen, wenn man so in den Ausgang fahren darf?


Eingeladen waren wir übrigens im Schloss.


À bientôt


PS: Dies ist ein anderes Schloss, ebenfalls etwas südlich von uns...

da wurden wir spontan vom Schlossherrn herum geführt und wir glauben, er macht das zu seinem eigenen stillen Vergnügen, denn Gäste von uns kamen, während ihres Aufenthaltes bei uns, auch schon in den Genuss.




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